ie stellt man einen Tokaji Aszu her?

Es gibt Leute, die meinen, der Tokajer Aszu jedes Jahr ,,wächst" und nur von einer gewissen Rebe erzeugt wird. Beides beruht auf falschen Vorstellungen. Aszu wird nur in sogenannten guten Aszu-Jahren (etwa 3-4 in einem Jahrzehnt!) produziert. Im Prinzip kann man Aszu aus Reben erzeugen, die zur Trockenbeerenbildung geeignet sind. Tokajer Aszu kommt aber nur aus Tokajhegyálja, wo er aus den Furmint- und Lindenblättriger-Reben (gelegentlich auch aus Muskateller und Oremus) gekeltert wird.

Aszu-Beeren (Trockenbeeren) können sich nur in einem langen, warmen Herbst entwickeln. Nach einem nassen, regnerischen Sommer werden die in Reife befindlichen, beschädigten und angegriffenen Beeren von dem Edelfäulepilz (Botrytis cinerea) befallen. Falls dann trockene und sonnige Wochen folgen, geht der Vorgang in eine Edelfäule über -- auch in den unversehrten Beeren. Der Zuckergehalt der Beeren erhöht sich von den anfanglichen etwa 20-25% bis auf 50-70 Prozent. Wenn aber das Wetter regnerisch bleibt, tritt die Edelfäule nicht ein, sondern es kommt zu einer sogenannten ,,Grünfäulnis", und die Trauben faulen in zwei bis drei Wochen ab. Außerdem so gefürchteten Hagel ist die Grünfäulnis die zweite, ganz große Sorge für das ganze Weingebiet.

Bei sonnigem und dunstigem Wetter - die Flüsse Bodrog und Theiß sowie deren Moor-Umgebungen liefern die Feuchtigkeit - dringen die Pilzfäden des Botrytis in die Beeren ein. Sie werden weich, die Beerenhaut wird immer dünner. Das Wasser kann jetzt verdunstem und die Beeren schrumpfen, bis der Zustand der Aszu-Beeren erreicht wird. Die in die Beeren eingedrungenen Pilzfäden verringern die Weinsäure und erzeugen die besonders feinen und schwer bestimmbaren Geschmack- und Aromastoffe, die den Tokajer Aszu so stark prägen.

Außerdem bildet der Edelpilz noch verschiedene Substanzen in den Beeren, die zum Charakter dieser Weine deutlich beitragen. Weiterhin gibt der Edelpilz dem Wein noch einen besonderen Zug, einen besonderen Ton, den man in der Weinsensorik als Botrytiston bezeichnet.
Der hohe Zuckergehalt wird von den ausreichend vorhandenen Säuren gut ausgeglichen.
Es gibt Jahre, in denen die Bedingungen für die Edelfäulebildung nicht ausreichen. Dann kann man aber Szamorodni oder Qualitätsweine keltern.

Bei der Weinlese werden die geschrumpften und befallenen Aszu-Beeren auf großen Sortiertischen aussortiert, oder aber mit mehreren Gängen durch den Weinberg einzeln ausgelesen. Das ist aber relativ selten der Fall. Diese Arbeiten verlangen sehr viel Zeit, sie sind sehr unproduktiv. Eine geschickte Pflückerin kann an einem Tag 8-11 kg aussortieren.
Die Beeren werden in einem offenen Bottich oder mit Hilfe von Gummiwalzen zu einem teigartigen Brei verarbeitet, hierbei dürfen aber die Traubenkerne nicht zerquetscht werden. Dann wird auf 3, 4, 5 oder 6 Bütten (Puttonyos) von diesem Aszu-Brei ein Göncer Faß (ca. 136 Liter) Neuwein aufgegossen und 16-48 Stunden lang unter gelegentlichem Rühren weichen gelassen. Nach dem Pressen wird der Most in Holzfässer gefüllt, und zwar nur soviel, dass oben noch 10-20 cm Hohlraum über dem Wein stehen.

Abgezogen wird der Aszu im ersten Jahr dreimal, im zweiten zweimal und im dritten einmal. Weil im Weingebiet die Schwefelung kaum noch verwendet wird, darf man - um den Alkoholgehalt zu halten - den verflüchtigten Alkohol durch Weingeist ersetzen.So wird aus ihm z. B. ein 5-büttiger (puttonyos) Aszu, jedoch erst frühestens nach 6-7 Jahren. Den Aszu läßt man mindestens so viele Jahre lang in den kleinen Göncer Holzfässern reifen, wieviel Bütten von dem Brei aufgegossen worden sind. Im aIlgemeinen wird die Reifezeit - je nach Jahrgang - mit der Büttenzahl plus 1-2 Jahren bestimmt. Die aus dem Eichenholz gefertigten Reifefässer werden viele Jahre lang verwendet.

Der Aszu wird im reifen Zustand auf die Flasche gezogen, er verfeinert sich aber noch weiter. Je höher seine Büttenzahl liegt, desto lagerungsfähiger bleibt er in der Flasche. Die besten können ohne größere Qualitätseinbußen sogar jahrhundertelang in der Flasche aufbewahrt werden. Im Museumskeller des Weinkombinats liegen Flaschen, die 200 bis 300 Jahre alt sind. (Sie sind aber nicht verkäuflich.)

In früheren Jahrhunderten haben die Winzer auch 1-2 büttigen Aszu bereitet. Heute schließt die Erzeugung nur die 3-6 büttigen Weine ein. Je größer die Büttenzahl, je höher der Zuckergehalt der Beeren, desto süßer sind natürlich auch die Weine.

Die zuckerfreien Extraktstoffe liegen bei mindestens 30 g/l (3 büttiger Aszu), und je nach der Buttenzahl immer um 5 g/l höher. So muß der 6 büttige Aszu mindestens 45 g/l aufweisen.
Der Tokajer Aszu ist ein eigentümlicher, schwerer, etwas dickflüssiger, sehr aromareicher, köstlicher Süßwein. Er hat eine Mischung von Furmint-, Honig-, Nuß-, Brotrinde-, gelbe Melone- und Pfirsich-Johannisbrot-Aromen und einen sehr langen Abgang. Er ist kein Likörwein, wie man es noch hier und da fälschlicherweise glaubt, und er ist auch kein alkoholverstärkter Wein wie der Port, der Marsala oder der Madeira.
Der Aszu ist ein feiner Natursüßwein. Wenn man ihn von der unsicheren Beerenernte bis zum Ausbau in kleinen Fässern verfolgt und seinen Geschmack kostet, kommt man eigentlich zur Schlußfolgerung, dass dieser Wein einer sehr hohen Wertschätzung wirklich würdig ist.
Ihm wurden und werden keine wundersame Arome - wie den soeben erwähnten, verstärkten Weinen - beigemischt. Die jahrlich erzeugte Aszumenge hängt nicht von der Entscheidung einer Kommission, wie z. B. beim Portwein, sondern allein von der Natur, vom Wetter ab.

Der Tokajer Aszu paßt hervorragend zu Gänseleber (Paté de foie gras) oder Leberpasteten. Er begleitet und ergänzt sehr gut viele Desserts und Süßspeisen. Man kann ihn aber auch als Aperitiv trinken. Ein Gläschen Aszu in einer Mußestunde oder nach einem langen Tag, das ist ein wahrer Genuß!

Man kann die Aszu-Flasche in angebrochenem Zustand mehrere Wochen aufbewahren, an der Qualität des Weines wird dadurch nichts eingebüßt. Kein anderer Wein behält seine Aromastoffe und Komponente unbeschadet so lange in der angebrochenen Flasche wie der Aszu. Der Aszu und die Esszencia gehöhren zu den großen Provenienzen, die viele Jahrzehnte, sogar Jahrhunderte aufbewahrt werden können. Langlebigkeit gehört bei diesen Weinen zu ihrer Größe.

Falls bei Aszu-Bereitung auch Muskateller-Beeren eingemischt werden, entsteht der Muskatelier Aszu (Muskotályos Aszu). Das Mischverhältnis ist nicht vorgeschrieben. Die Erfahrungswerte werden von Generation zu Generation weitergegeben. Der Muskateller-Aszu duftet sehr kräftig und, weil seltener sowie in kleinerer Menge bereitet, suchen ihn manche Aszu-Liebhaber mit Vorliebe.